Einfach / Perfekt oder einfach Perfekt: Was gute Keramik für mich ausmacht
Die Stärke liegt in der Entscheidung, nicht im Aufwand
In vielen kreativen Handwerken wird technische Perfektion häufig als Maßstab für Qualität angesehen. Doch stimmt das wirklich? Ich habe diesen Gedanken schon vor Jahren als Koch kennengelernt, als ich Kollegen dabei beobachtete, wie sie sich viel Mühe gaben, ihre Gerichte überkomplex zu gestalten – oft mit Techniken, die zwar beeindruckend waren, aber den Geschmack nicht unbedingt verbesserten. Ich dachte mir oft: Für den Gast ist es am Ende unwichtig, ob ein Gericht in 20 Stunden oder in 30 Minuten zubereitet wurde, solange der Geschmack stimmt. Die Zeit, die in die Herstellung fließt, ist kein Qualitätsmerkmal an sich, sondern oft eher ein Teil des Prozesses, der hinter dem Produkt zurückstehen sollte.
In der Keramik ist es ähnlich. Es gibt Dinge, die wir beherrschen können – wie das Herstellen von Glasuren oder große Fertigkeit an der Töpferscheibe – und das ist eine beachtliche Leistung. Aber bedeutet das automatisch, dass ein solcher Aufwand das Endprodukt „besser“ macht? Wenn ich auf einen Keramiker stoße, der einen einfachen Ansatz wählt, der vielleicht absichtlich Unvollkommenheit sucht. Für den nicht ganz rund, rund genug ist: Hier geht es nicht um die Komplexität der Technik, sondern um den Wert und die Aussage, die das Stück selbst hat.
Qualität als Frage der Bedeutung und des Ausdrucks
Wie in der Gastronomie – wo Geschmack und Qualität über allem stehen – ist in der Keramik das, was das Stück kommuniziert und welche Resonanz es auslöst, entscheidend. Die Technik, die in die Herstellung fließt, ist nicht unwichtig, aber sie allein definiert nicht die Qualität. Ein Kunstwerk oder Handwerk, das sich von einer Idee und nicht vom Aufwand leiten lässt, entfaltet seine eigene Kraft. Ein einfach gestaltetes Stück kann in seiner Aussage kraftvoller sein als eine Keramik, die bis ins Detail ausgefeilt und mit aufwendigen Glasuren versehen ist.
Es geht nicht um das, was der Keramiker alles kann, sondern um das, was er mit seiner Keramik aussagen möchte. Eine einfache, bewusst schlicht gehaltene Keramik kann genauso „gut“ sein wie ein technisch perfektes – es kommt darauf an, ob es den Betrachter erreicht und eine Bedeutung trägt, die über die sichtbare Oberfläche hinausgeht.
Die Freiheit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren
Es ist die Vision, das klare Konzept und die Treue dazu in der Umsetzung, die uns beschäftigen sollte. Diese Freiheit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und einer Keramik genau das mitzugeben, was sie benötigt. Nicht mehr und nicht weniger. Das sind, zumindest für mich, Merkmale guter Keramik.
Fazit: Wahre Größe in der Einfachheit
Technik und Können sind wichtige Werkzeuge in der Keramik, aber sie sind nicht das ultimative Ziel. Der eigentliche Wert eines Werkes liegt darin, dass es mit dem Betrachter in Kontakt tritt, eine Idee transportiert und vielleicht sogar überrascht. Es geht nicht um das Handwerk allein, sondern um den Mut, Dinge auf den Punkt zu bringen und sich im Einfachen auszudrücken. Am Ende zählt die Wirkung, die ein Werk hat – ob es schlicht, komplex, perfekt oder „unvollkommen“ ist. Wahre Meisterschaft zeigt sich oft dort, wo die Technik hinter der künstlerischen Vision zurücktritt und Raum für die Essenz lässt.
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