Super-fein hergestellte Terra Sigillata – Werkstattmethode
Hinweis: Dieser Beitrag gibt Fachinhalte in eigenen Worten wieder und stützt sich auf den Artikel „Super-Refined Terra Sigillata“ von Vince Pitelka auf digitalfire.com (Quelle unten verlinkt).
Einführung
Terra Sigillata ist ein ultrafeiner Tonschlicker, der eine dichte, seidige Oberfläche erzeugt – ganz ohne Glasur. Im Folgenden wird eine bewährte Methode zur Herstellung und Anwendung beschrieben.
Historischer Hintergrund & Motivation
Bereits ab etwa 1000 v. Chr. wurden im Nahen Osten feinste Polierschlicker eingesetzt; ihren Höhepunkt erreichte die Technik in der griechischen und römischen Keramik. Im 19. Jahrhundert zeigte der deutsche Chemiker Heinrich Schumann durch Analysen römischer Scherben, dass Terra Sigillata aus extrem feinen Tonplättchen besteht. Seine Erkenntnisse und spätere Laborversuche an der University of Massachusetts halfen, das Verfahren zu verfeinern.
Messgeräte & Grundlagen
- Ein Aräometer, das spezifische Gewichte von 1,00 – 1,20 g/cm³ messen kann (Wein-Aräometer sind ungeeignet).
- Ein 250 ml Messzylinder ist hilfreich, falls der Mischbehälter zu niedrig ist.
- Da Aräometer zerbrechlich sind, empfiehlt es sich, mindestens zwei bereitzuhalten.
Tonauswahl
- Fast jeder Roh- oder Mischton ist geeignet; die Ausbeute hängt von der Partikelgröße ab.
- Hohe Ausbeute: fein gemahlene Tone wie Redart, Goldart oder Ball Clays.
- Niedrige Ausbeute: Kaolin und feuerfeste Tone.
- Bentonit ist zu fein und ergibt keine brauchbare Terra Sigillata.
- Bei sehr groben Tonen kann der Rohstoff vorab im Kugelmühlenverfahren feiner gemahlen werden.
Deflokkulant herstellen
Deflokkulanten bewirken, dass Tonpartikel sich abstoßen – dadurch bleiben nur die feinsten in Suspension.
- Verwende 0,25 % Soda (Natriumcarbonat) und 0,25 % Natriumsilikat, bezogen auf das Trockengewicht des Tons.
- In wenig heißem Wasser auflösen – am besten mit Stabmixer.
- Natriumsilikat flüssig, aber nach Gewicht wie ein Feststoff berechnen.
Mischen und Dichte einstellen
- Empfohlene Menge: 19 l Anfangsgemisch ergibt nach Aufbereitung ca. 1,9 l Terra Sigillata.
- Für 19 l Mischung: 6,35 kg Redart/Goldart/Kaolin oder 5,0 kg Ball Clay.
- Vorgehen:
- Deflokkulantenlösung in ca. 0,95 l kaltem Wasser je 0,9 kg Trocken-Ton geben.
- Ton einrühren (mit Rührwerk), weiteres Wasser zugeben und gut durchmischen.
- Dichte mit Aräometer prüfen: 1,20 g/cm³ (bzw. 1,15 g/cm³ bei Ball Clays).
20 Stunden Absetzen
Nach dem Mischen den Behälter auf eine erhöhte Fläche (ca. 60–90 cm über Boden) stellen und 20 Stunden nicht bewegen. Wenn er verschoben oder zu lange steht, erneut mischen und Zeit neu starten. Nach 20 Stunden haben sich die schwereren Partikel abgesetzt, während Partikel unter 1 µm in Suspension bleiben.
Dekantieren / Abziehen
- Verwende einen Wein-Siphon mit J-Röhre und Umlenk-Kappe (Racking Tube).
- Langsam von oben absaugen, Kappe knapp unter der Oberfläche halten.
- Bei Ball Clays das obere zwei Drittel abziehen, Rest verwerfen.
- Der Bodensatz enthält den größten Masseanteil und wird nicht weiterverwendet.
Eindicken
Verdunstung
Breite, flache Gefäße (z. B. große Kunststoffschalen oder Backformen) verwenden; nicht abdecken. Feinstaub ist unproblematisch, Insekten lassen sich abschöpfen.
Wärme
Keine direkte Hitze. Am besten eine Metallschüssel auf dem Boden eines Toplader-Ofens (unterste Heizspirale auf niedriger Stufe über Nacht) oder einen Crock-Pot auf mittlerer Stufe mit offenem Deckel verwenden.
Nach dem Eindicken
Wenn die Mischung deutlich zähflüssiger ist, dickere Anteile lösen, mit Schneebesen homogenisieren und mit Wasser auf Ziel-Dichte einstellen.
Trockene Lagerung
Vollständig trocknen lassen, abkratzen und lagern. Vor der Verwendung mit ca. 2,5 cm Wasser bedecken, über Nacht stehen lassen und auf Zieldichte verdünnen.
Ziel-Dichte für die Anwendung
Terra Sigillata muss sehr dünn sein. Zu dick → Risse/Abplatzungen; zu dünn → mehr Schichten und mehr Wasser im Scherben. Bewährt hat sich eine Dichte von 1,15 g/cm³. Mehrere dünne Lagen liefern die besten Ergebnisse.
Auftragen
- Auf lederhartem Ton entsteht nur sanfter Satin; Glanz geht durch Mikro-Knittern verloren.
- Empfohlen: knochentrockener, geschliffener Ton (P120) und staubfreies Abwischen.
- Mit weichem, breitem Pinsel auftragen, Tropfen vermeiden oder nachziehen.
- Schichtweise bis zur opaken Wirkung aufbauen – nicht zu dick.
- Auch eine fast transparente Schicht kann hohen Glanz ergeben.
Polieren / Burnish
- Polieren, sobald die Oberfläche trocken anzufühlen ist – z. B. mit glattem Plastik über den Fingern.
- Zwischenpolieren nicht nötig; bei unzureichendem Glanz eine weitere Schicht auftragen.
- Burnish: Polieren mit hartem Werkzeug (Stein, Löffel etc.), solange die Schicht feucht ist.
- Zur Trocknungsverzögerung kann Glycerin oder Schmalz dünn aufgetragen werden.
- Polieren mit Plastik ca. 10–15 Minuten; vollständiges Burnishen 2–3 Stunden.
Brennbereiche & Farben
- Burnishte Oberflächen: bis max. Kegel 012 (≈ 580 °C); darüber Glanzverlust.
- Polierte Oberflächen: Glanz bis Kegel 02 (≈ 1050 °C); darüber Satin.
- Auf Biskuit möglich, aber weniger haltbar; zu dicke Schichten platzen.
Farbverhalten
- Redart-Sig: K012 ziegelrot-orange; K08 ziegelrot; K02 rotbraun; ab Mittelbrand (> 1100 °C) schmilzt sie zur Glasur.
- Goldart/Steinzeug: Niedrigbrand gebrochen weiß; Hochbrand hellbraun (Tan) in Oxidation, grau in Reduktion.
- Ball Clays: weiß bis grau je nach Brennbereich.
- Kaoline: weiß in allen Temperaturen.
- Rote Steinzeugtone: z. B. Carbondale oder Lizella – ziegelrote Sig, Hochbrand-beständig; ggf. vorher kugelmühlen.
Blackware / Bonfire
- Redart-Sig: Farben von Ziegelrot bis Tiefschwarz; reoxidierte Stellen werden wieder rot.
- Ball-Clay-Sig: poröser; intensiv schwarz; reoxidiert zu grau oder weiß.
Fuß & Deckelsitz
Für glatte, unglasierte Flächen an Fuß oder Deckelsitz kann eine Sig aus dem Grundton hergestellt werden. Roh-Tonreste über Nacht in Wasser einschlämmem, mit Rührer mischen und auf Dichte 1,20 g/cm³ einstellen. Sand und Schamotte setzen schnell ab. Bei anderen Tonarten auf Brenntemperatur-Kompatibilität achten (Irdenware ab ≈ 1100 °C verglast, Steinzeug/Ball/Kaolin bleiben seidig glatt).
Farbzusatz
- Reine Ton-Sigs liefern den besten Glanz.
- Feinste Oxide (z. B. Kupfer- oder Kobaltkarbonat) können in kleinen Mengen zugesetzt werden.
- Grobere Oxide oder Keramikstains müssen mindestens 24 Stunden in der Kugelmühle verarbeitet werden (Gefäß zu je 1/3 mit Kieseln, Sig und Luft füllen). Falls Farbstoffe ausfallen oder kein Glanz entsteht, länger mahlen.
Farbzusatz
- Reine Ton-Sigs liefern den besten Glanz.
- Sehr fein gemahlene Oxide wie Kupfer- oder Kobaltkarbonat können in geringen Mengen zugesetzt werden, ohne den Glanz stark zu beeinträchtigen.
- Grobere Oxide und keramische Farbstoffe (Stains) müssen vor der Verwendung in einer Kugelmühle mindestens 24 Stunden gemahlen werden.
- Dazu wird das Gefäß zu einem Drittel mit Quarzkieseln oder Glasmurmeln, zu einem Drittel mit Terra Sig + Farbstoff und zu einem Drittel Luft gefüllt. Nicht überfüllen, da sonst kein Mischvorgang stattfindet.
- Nach dem Mahlen auf die gewünschte Konsistenz verdünnen und testen. Wenn sich die Farbstoffe absetzen oder kein Glanz entsteht, muss länger gemahlen werden.
Dieser Arbeitsschritt erfordert eigene Tests, da die Ergebnisse je nach Oxid und Feinheit variieren können.
Quelle
Dieser Text basiert auf dem Artikel „Super-Refined Terra Sigillata“ von Vince Pitelka, veröffentlicht auf digitalfire.com. Der Inhalt wurde in eigenen Worten wiedergegeben, ohne inhaltliche Änderungen oder Ergänzungen.